1.1. Zuständigkeiten
Gemäß § 21 TierZG richtet sich die Zuständigkeit für die Überwachungsmaßnahmen nach dem TierZG, den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und den unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nach Landesrecht einschließlich der auf der Grundlage des Tierzuchtrechtes erlassenen Verwaltungsakte (z.B. Anerkennungsbescheid). Hierzu erlassen die Länder entsprechende Zuständigkeitsverordnungen. Die zuständigen Behörden sind gemäß Art. 39 der VO (EU) 2016/1012 von den Mitgliedstaaten zu benennen. Die in den einzelnen Bundesländern zuständigen Behörden sind unter 2.7.3 des Handbuches gelistet.
Die Überwachung des Gesetzesvollzugs erstreckt sich auch auf Einrichtungen, die von den zu überwachenden Akteuren mit tierzuchtrechtlich relevanten Tätigkeiten beauftragt werden. Grundsätzlich ergibt sich die Zuständigkeit für die Überwachung der Akteure aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Für die Ahndung von Verstößen, wie sie in § 23 des Tierzuchtgesetzes oder in sich darauf beziehenden Rechtsverordnungen aufgelistet sind, ist das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) anzuwenden.
§ 3 VwVfG
(1) Örtlich zuständig ist
- in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt;
- in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll;
- in anderen Angelegenheiten, die
- eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte,
- eine juristische Person oder eine Vereinigung betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die juristische Person oder die Vereinigung ihren Sitz hat oder zuletzt hatte;
- in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.
Bei Zuchtverbänden gilt z.B.: Für die Überwachung ist diejenige Behörde zuständig, die auch für die Anerkennung zuständig ist. Dies gilt jedoch nur im Außenverhältnis zu dem Zuchtverband.
Die Aufgabe, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und zu ahnden, wird nicht von der Befugnis zur allgemeinen Überwachung erfasst. Maßgeblich ist hier das OWiG in Verbindung mit § 23 Tierzuchtgesetz. Deshalb ist z.B. die Überwachung eines Zuchtverbandes von der Überwachung seiner Mitglieder zu unterscheiden. Für die Überwachung der Mitglieder ist jedes Bundesland zuständig, in dem sich Mitgliedsbetriebe befinden. Dabei festgestellte Missstände können unmittelbar (als Ordnungswidrigkeit) geahndet werden. Derartige Maßnahmen berühren nicht das Aufsichtsverhältnis zu der Behörde des Sitzlandes.
Sofern die Missstände auf einem Fehlverhalten des Zuchtverbandes beruhen, sind sie der für dessen Sitz zuständigen Behörde mitzuteilen, so dass diese gegenüber dem Zuchtverband tätig werden kann.
Regeln für die Zusammenarbeit der Überwachungsbehörden bei der Überwachung von Akteuren, die ihren Sitz in anderen Mitgliedsstaaten haben, sind in Artikel 48 der VO (EU) 2016/1012 und in § 21 TierZG festgelegt.
Da die zu überwachenden Akteure in der Regel länderübergreifend tätig sind, soll anhand einiger Beispiele die Zuständigkeit erläutert werden.
Fall 1
Mehrere Zuchtverbände mit Sitz in unterschiedlichen Bundesländern beauftragen eine Organisation mit der Durchführung der Leistungsprüfung/ZWS in Bundesland A
Aufgrund der örtlichen Zuständigkeit nach § 3 Absatz 1 Nr. 2 VwVfG erfolgen Vor-Ort-Kontrollen zur Durchführung von Leistungsprüfungen, Prüfeinsätzen und zur Zuchtwertschätzung, die von mehreren Zuchtverbänden gemeinsam veranlasst und von einem Dienstleister (z.B. FN inkl. Prüfstationen bei HLP/VA/SLP; vit für ZWS) realisiert werden, durch die für den Ort der konkreten Durchführung zuständige Überwachungsbehörde A. Die die Überprüfung durchführende Behörde A unterrichtet die Behörde der anderen betroffenen Bundesländer über das Ergebnis der Überprüfung. Dies gilt auch, sofern ein Verstoß festgestellt wurde, der einen Zuchtverband eines anderen Bundeslandes betrifft.
Fall 2
Ein Zuchtverband mit Sitz in Bundesland A führt eine Leistungsprüfung für Tiere, die an seinem Zuchtprogramm teilnehmen, in Bundesland B durch
Aufgrund der örtlichen Zuständigkeit nach § 3 Absatz 1 Nr. 2 VwVfG erfolgen Vor-Ort-Kontrollen zur Durchführung von Leistungsprüfungen durch die, für den Ort der konkreten Durchführung, zuständige Überwachungsbehörde, in diesem Fall die zuständige Behörde des Bundeslandes B. Diese setzt die zuständige Behörde des Bundeslandes A von der geplanten Kontrolle und dem Ergebnis der Kontrolle in Kenntnis. Die Ahndung von Verstößen erfolgt im Falle von anerkennungsrelevanten Verstößen durch A, im Falle von Ordnungswidrigkeiten durch B. Nach § 39 (OWIG) können auch mehrere Verwaltungsbehörden für eine Ordnungswidrigkeit zuständig sein. Hier sollte eine Abstimmung zwischen den zuständigen Behörden stattfinden, von welcher Behörde der Verstoß am sinnvollsten bearbeitet werden soll. Im Grundsatz gebührt derjenigen Behörde der Vorrang, die die Ermittlungen als erstes aufgenommen hat (§39 OWIG).
Fall 3
Ein Akteur mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat/Vertragsstaat/Drittland führt eine Tätigkeit in Deutschland durch
Wie im Fall 2 erfolgt auch hier die Überprüfung durch die, für den Ort der konkreten Durchführung, zuständige Behörde. Werden Verstöße festgestellt, müssen diese dem fachlich zuständigen Bundesministerium gemeldet werden, so dass dieses entsprechend Art. 48 Abs. 3 der EU-Tierzuchtverordnung tätig werden kann. Verstöße können nach dem Gesetz zur europaweiten Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen (Eu-GeldG) durch die örtlich zuständige Behörde im Rahmen eines Bußgeldverfahrens geahndet werden (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Pressemitteilung_20101027.pdf?__blob=publicationFile&v=3).
Fall 4
Eine nicht qualifizierte Person führt Besamungen in mehreren Bundesländern durch
Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit der Behörde ist der Betriebs- bzw. Geschäftssitz des Arbeitgebers, dies dient der Sicherung der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer eines Arbeitgebers. Verfügt diese Person über keinen Arbeitgeber, ist ihr Wohnsitz maßgeblich. Die zuständigen Behörden anderer Bundesländer werden informiert, so dass sie ggf. Kontrollen in den Betrieben, in denen die nicht qualifizierte Person tätig war, durchführen können.
Nach Verwaltungsverfahrensgesetz ist diejenige Behörde zuständig, in deren Zuständigkeitsbereich die Ordnungswidrigkeit begangen wurde. Stellt sich heraus, dass diese Person auch in anderen Bundesländern unerlaubt Besamungen durchgeführt hat, sollten die Behörden der anderen Bundesländer über den Sachverhalt informiert werden. Die Überwachungsbehörden in den jeweiligen Bundesländern können sich darauf einigen, dass diejenige Überwachungsbehörde das OWI-Verfahren durchführt, die für den Ort des Arbeitgebers zuständig ist.
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